Das gute Leben für alle!?!
zum Beispiel Schokolade
Wie wurde Schokolade so billig? Was fändet ihr eine faire Verteilung? In Projektwochen an Grundschulen forschten wir mit Kindern zu kolonialen Kontinuitäten. Warum wächst viel Kakao in Westafrika? Was macht es mit uns, dass Kolonialismus meist Zeitalter der Entdeckungen genannt wird?
Eine Herausforderung bleibt, wie wir in unseren Angeboten nicht „Bildung für nachhaltige Ungleichheit“ reproduzieren. Unsere Teams bestehen aus Kolleg*innen mit langjähriger Erfahrung in der rassismuskritischen Bildungsarbeit. Wir haben unterschiedliche Zugänge und inhaltiche Schwerpunkte. Multiperspektivität ist uns wichtig: zu unserem Team gehören Menschen, die tagtäglich Rassismuserfahrungen machen ebenso wie weiße Menschen. Das Bewußtsein über jeweilige Positionierung und ständige Selbstreflexion gehört für uns zu den (nie endenden) Lernprozessen. Wir arbeiten prozessorientiert und entwickeln Module und Materialien kontinuierlich weiter.
Hallo Kakao, welche Geschichten kannst du erzählen?
„Ich bin ziemlich alt, meine Geschichte begann vor 3500 Jahren in Mittelamerika. An der heutigen Mexikanischen Golfküste lebten die Olmek_innen und nutzten die Kakaopflanze. Später lebten die Maya im heutigen Guatemala und Mexiko. Sie bauten Kakaobäume an und tranken mich als flüssigen Kakao gemischt mit Wasser, Vanille und Cayennepfeffer. Doch nur adelige Menschen durften mich genießen. Danach beherrschten die Aztek_innen große Teile Mittelamerikas und tranken mich auch. Sie nannten mich Xocoatl – daher kommt auch mein Name Schokolade.“
„Nach Europa kam ich, der Kakao, nachdem spanische Eroberer 1519 auf der Suche nach den Schätzen Amerikas in Mexiko einfielen. Ihr habt bestimmt schon von Columbus gehört. Nein, er hat nicht Amerika entdeckt – sondern erobert und viele Menschen umgebracht. Spanische Eroberer_innen sahen, wie der Aztekenherrscher Moctezuma II mich aus einem goldenen Becher trank. Sie kosteten den duftenden, bitteren Trank, klauten mich – ebenso wie Gold, Silber und andere Schätze und brachten es nach Europa. Moctezuma II starb als Gefangener der Spanier. Ab 1521, herrschten die Conquistadores – die spanischen Eroberer_innen. Mit Zucker gesüßt wurde ich ein teures Genussmittel der Reichen in Spanien und Frankreich. 1657 öffnete das erste Schokoladencafé in London. Später galt ich auch als Medizin und wurde bis 1850 in Apotheken als „Kräftigungsmittel“ verkauft.“
Im Projekt tragen wir Wissen über die gewaltvolle Geschichte zusammen, wie die Kakaopflanze über die Erde verbreitet wurde. Europäer_innen brachen Kakao in verschiedene Länder, die sie zuvor besetzt hatten, ihre sogenannten Kolonien. Sie zwangen die Menschen Kakao anzubauen und wurden damit reich. Kakao gehört wie Zucker und Kaffee zu den „Kolonialwaren“.
Wo wird heute am meisten Kakao angebaut? Wir verteilen Kakaobohnen auf die Länder, in denen jetzt viel Kakao wächst. Und wo wird Schokolade gegessen? In Deutschland und der Schweiz wird am meisten gegessen. Schokoladentafeln legen wir auf die Weltregionen, wo viel Schokolade gegessen wird. Wir diskutierten: Was fällt Euch auf und was denkt ihr dazu?
Früher war Kakao sehr teuer. Wie er so billig wurde ist eine bittere und gewaltvolle Geschichte. Wir spielen dazu die Geschichte vom Roten Huhn, das Mais anbauen möchte. Es hilft einige Aspekte davon zu verstehen. Das rote Huhn fragt um Hilfe für den Maisanbau. Andere Tiere empfehlen ihm Kakao zu pflanzen, damit könne es viel Geld verdienen. Sie leihnen ihm Geld, verkaufen ihm Dünger und Pflanzenschutzmittel. Als es nach 5 Jahren ernten kann ist der Preis für Rohkakao aber so schlecht, dass er seine Schulden nicht zurückzahlen kann und sein Land verliert.
Wo Gewalt herrscht – direkte oder indirekte – gibt es auch Widerstand – und darum sammeln wir: Wie hätte die Geschichte anders ausgehen können? Die Kinder haben viele Ideen, das Huhn hätte sich weigern können, die Tiere hätten solidarisch sein können … Wir erzählen von realen Geschichten des Widerstands und politischem Protest im Globalen Süden und Globalen Norden, stellen Kampagnen vor wie z.B. die Ausstellung der Inkota Kampagne „Make Choclate Fair“.
Weitere Fragen am Projekttag waren u.a.: Warum streikten die Weihnachtsmänner? Macht Schokolade glücklich? Was wären Faire Preise?
In den Projekttagen gelingt es, ins Gespräch zu Globalen Fragen zu kommen. Kindern entwickeln einen ersten kleinen Eindruck, welche Auswirkungen Kolonialismus auf unser Leben heute hat. Der Blick in die Geschichte trägt dazu bei heutige Ungerechtigkeiten in Welthandelsstrukturen zu verstehen. Kinder erlebten die Vernetzheit unseres Lebens mit dem von Menschen, die weit weg leben, Sie fühlten sich in unterschiedliche Rollen ein („Ich bin der Schokoladenkonzern, ich will viel Geld verdienen“) und wechselten Perspektiven. Dabei können sie eigenes Wissen einbringen, Zusammenhänge erforschen und im Spiel Handlungsmöglichkeiten ausprobieren.
Das Thema Welthandel – Globale Zusammenhänge am Beispiel von Kakao/ Schokolade wurde von Kindern und Lehrenden als sehr wichtig eingeschätzt – innerhalb der Schule also auch darüber hinaus. Es hat sich bewährt es mit einem externen qualifizierten Team durchzuführen, wodurch auch Perspektiven und Wissensbestände aus dem Globalen Süden in die Schule Eingang finden.
(entwickelt mit Heike, Zaklina, Patricia, Beate, Jana, Yemisi, Luisa, Icra, Annette und anderen)