veröffentlicht in der Broschüre: wenn Rassismus aus Worten spricht, 2014 ZWST

Bedarfe, Widerstände, Möglichkeitsräume

Rassismus geschieht oft ohne böse Absicht, doch gut gemeint, ist nicht genug.
Als im letzten Jahr die Debatte um rassistische Beleidigungen in Kinderbüchern entbrannte, erinnerte ich mich an meine eigene Lerngeschichte. Es ist mir vertraut wie viel Energie Menschen verwenden, um zu beweisen, dass sie nicht rassistisch sein können. Als ich an der Uni in autonomen Studiengruppen erstmals mit der Tatsache konfrontiert wurde, dass Rassismus mich im Alltag oft privilegiert, fraßen meine Schuldgefühle und mein schlechtes Gewissen viel Kraft. Es war damals und es ist auch heute nicht leicht, in mein Selbstbild zu integrieren, dass das Aufwachsen in einer rassistischen Gesellschaft mich tief geprägt hat. Eine der hilfreichen Lektüren damals war der Aufsatz »Die Schwierigkeit, nicht rassistisch zu sein« von N. Rätzel und A. Kalpaka: »Dass Rassismus keine böse Absicht ist, sondern eine Lebensform, ein Bestandteil unserer kulturellen Identität (…) ist eine nüchtern zu treffende – wenn auch schmerzliche – Erkenntnis«.
Wichtig ist, sensibel für Schieflagen zu werden und diese zu verändern.
Inzwischen arbeite ich als Trainerin für Vielfalt, Antidiskriminierung und Vorurteilsbewusstsein (nach dem Anti-Bias-Ansatz). Wichtig ist mir dabei vor allem, dass wir einander die Augen öffnen für strukturelle Formen von Ausgrenzung und unser eigenes Verwickelt-Sein darin. »Anti-Bias« verstehe ich als eine lange Reise, wissend um die Komplexität von Diskriminierung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene, ihren psychologischen und politischen Dimensionen sowie der Verwobenheit von Menschen im Alltag. Ziele sind dabei Machtstrukturen (mehr) wahrzunehmen, besser zu zu hören und eigene Handlungsmöglichkeiten zu erweitern.

weitelesen – zum Artikel Kinderbücher